Montag, 29. Februar 2016

Glosse: Westernbasics im Gelände ...

Wenn der Reitplatz nur noch Matsch ist






Ich hatte mal eine Trainerin, die sogar für die Westernriding im Gelände geübt hat – WOW. So gut, bin ich aber leider nicht: Habe noch keinen einzigen fliegenden Galoppwechsel mitten auf dem Waldweg zelebriert. Davon abgesehen, dass ich (wenn im November der Platz zum Matschloch wird,) auch erstmal denke: Zeit, dass die Pferde mal ausspannen und Gelände soll ja Spaß machen. Ein Blick auf den Kalender zeigt dann aber zum Winterende hin, dass es gar nicht mehr so lange hin ist zum ersten Turnier der Saison und was stellt man fest nach drei Monaten Bummeln? Das Pferd wird langsam steif – Platzarbeit fällt aus wegen Matsche, also ist Fantasie gefragt. Ich reite ja schon seit wenigen Wochen im Gelände mit Bit, denn in der LK 2 darf man nicht mehr beidhändig reiten. Ich bin unser Painthorse Fancy in einer Parelli-Audition in allen Gangarten ohne Kopfstück geritten und habe sie auch ohne Kopfstück fliegend gewechselt, auch das Correction Bit akzeptiert sie einhändig sehr gut. Aber wenn ich das Bit einmal kurzfristig mit zwei Händen benutzt habe, hat Fancy sich erstmal etwas verspannt. Seit wir es im Gelände nutzen, ist die Akzeptanz viel größer und es fühlt sich langsam an, als wäre es ein Snaffle (für die Englischreiter: Englisches Wort für Trensengebiss).


Gewöhnung an neue Ausrüstungsgegenstände ist also das Erste, was gerade im Gelände fantastisch funktioniert. Nächster Punkt: Wie gut komme ich ohne Zügel aus? Bei Frost über die Wiese galoppieren(unbedingt die Erlaubnis des Besitzers einholen oder drumherum reiten) führt bei Fancy gerne zu „Ich-bin-ein-Rennpferd-yeehaw“-Effekten (sie nimmt es sehr genau damit, dass sie einen Vollbluthengst als Urahnen hat und bildet sich etwas drauf ein). Aber bei allem Verständnis: Fancy ist ein Trail-Pferd, meistens sogar ein Horse & Dog Trail-Pferd und da galoppiert man gesetzt und zwar ohne viel Zügeleinsatz – finde ich jedenfalls, sie nicht. Also üben wir seit einigen Tagen auch im Gelände, dass Fancy aufs Bein-Andrücken langsamer wird oder sogar anhält. Da Bein-Andrücken auch bedeutet, dass sie den Kopf senkt und ich im Gelände normalerweise keine Sporen anhabe, gab es ein bisschen Kuddelmuddel: Wenn ich Kopfrunter wollte, schmiss Fancy den Anker und wenn sie langsamer werden sollte, schlurfte die Pferdenase in Bodennähe. Also habe ich heute zur Verfeinerung ausnahmsweise Sporen im Wald angezogen und gedacht:„Wenn mich jetzt einer sieht, der hält mich für bescheuert: Mit Sporen und Bit ins Gelände – wie sieht das denn aus?“ Aber ich hatte Glück und sah mich allein in Feld und Flur, dafür klappte die Feinabstimmung jetzt besser mit folgenden Nuancen:  Bein weich anlegen – bitte Kopf senken. Bein stärker anlegen zum Verlangsamen und Sporen anlegen um Anzuhalten. Da ich die Taschen voller Leckerlis hatte, ging das sogar ziemlich gut. So gut, dass schnell wieder Langeweile aufkam – also noch mal tief in die Trickkiste greifen und Übergänge rausziehen. Die klappen auf Waldwegen auch ganz fantastisch: 10 Trabschritte, 10 Schrittschritte (Vorsicht: Wortschöpfung), dann runter auf 9 und dann 8 usw. und jetzt schauen wir uns mal den Galopp an. Da kein Frost war und ich meinen Heulieferanten nicht verärgern wollte, haben wir auch das auf den Waldwegen hinbekommen. Speed Control ohne Zirkel: Zwanzig Meter schneller Galopp, zwanzig Meter gesetzter Galopp und als das Ganze auf Bein klappte, gab es wieder Leckerlis vom Sattel aus. Fancy war Feuer und Flamme, als wollte sie sagen: „Und was machen wir jetzt?“ Denn Leckerlis im Gelände waren bisher die große Ausnahme. Wenn ich auf den Weiden meines Heulieferanten Schritt reite, habe ich sein Einverständnis für kleine Kringel. Die kann man sehr fantasievoll und vor allem zum Steifheitsabbau nutzen. In der ersten Volte schiebe ich den Popo nach innen, in der zweiten nach außen und dann geht es in die Kontervolte – in beide Richtungen und auf geht’s zur nächsten Übung: Seitwärtsverschieben! Gut, dass ich die Sporen an hatte, sonst wäre ich wohl gewaltig ins Schwitzen geraten. Denn das sah Fancy erstmal gar nicht ein – wo soll denn mitten auf dem freien Feld eine Diagonale von Buchstabe M zu Buchstabe K sein? Das Weichen aufs Bein ist wohl über den Winter irgendwo verloren gegangen, aber mit Geduld und Spucke ging es dann doch irgendwann. „Fein“ gesagt, Pferd schmeißt mal wieder den Anker nach hinten und den Kopf zur Seite, als wolle es sagen: „Krieg ich jetzt ein Leckerli?“ Da meine Taschen leicht überquollen, dachte ich: „Was soll der Geiz?“ und stopfte rein ins Pferdemaul, was die Taschen hergaben, was fortan ein motiviertes Pferd zur Folge hatte… im Gegensatz zum Hund, der der festen Meinung war: „Regeln wie bei-Fuß-gehen und Platz-machen, gelten zwar auf dem Trailplatz, aber im Wald pfeif ich drauf.“ Ich pfiff auch: Dem Hund hinterher, der sich irgendwann dann doch erbarmte und an der Pferdeseite auftauchte. Das Kommando „andere Seite“ hat sie über den Winter wohl auch vergessen, also blieb nur eins:
Bei Hündin Lucy mussten wir zu Adam und Eva zurückkehren: Sitz – Pferdeleckerli, Platz – Pferdeleckerli (meine Taschen waren ja eh voll) und dann üben wir mal für den Horse & Dog Trail. Auf dem Platz eine ihrer leichtesten Übungen: Ablegen und warten, bis sie gerufen wird. Im Gelände werden durch solche Übungen sämtliche Überlebensinstinkte geweckt und Lucy robbte in Border Collie Manier auf dem Boden hinter mir her: „Guck mal – ich mach Platz, aber ich komm trotzdem mit.“ Wie gesagt – Adam und Eva lassen grüßen und Lucy kehrt mit ihren neun Jahren in die Welpenschule zurück. Für Platz war der Boden zu nass, also musste ich mit Sitz klar kommen (ein angetäuschtes, wo der Hundepopo den nassen Boden nicht berührt). 75 Zentimeter vorgeritten, Hund abgerufen: Hund saust wie ein Kugelblitz an mir vorbei. Warum hat die eigentlich Angst mich zu verlieren, wenn sie hinter mir ist, aber nimmt es vollkommen gelassen, wenn sie dreißig Meter vorm Pferd ihre Runden dreht? Egal, nach einigen Tagen intensiver Übung und Steigerung in Millimeter-Schritten schaffen Pferd und ich es, uns drei Meter und 45 Zentimeter vom Hund weg zu bewegen und ihn dann abzurufen und dank der Taschen voller Pferdeleckerlis geht er danach sogar 90 Sekunden brav bei Fuß. Hundetraining ist doof, also widmen wir uns wieder dem motivierteren Pferd: Schenkelweichen, Travers, Schulterherein und sogar Traversalen vom rechten Wegrand zum linken Wegrand und zurück waren plötzlich machbar, nachdem das Pferd von den gefüllten Leckerli-Taschen erfahren hat und am Ende des Ausritts gab es noch nicht einmal Verwechslungen von „Bein-ran“ für Kopf runter und „Bein-ran“ für langsamer. Okay, ich gebe es zu: Ein bisschen gemogelt habe ich schon mit Stimmkommandos wie „Head down“, „Walk“, „Trot“ und „Whoa“ – aber die sind zum Glück auf dem Turnier ja auch nicht verboten. Na ja, schöner ist es, wenn es auch ohne klappt, aber der nächste Ausritt kommt bestimmt.
Wenn Sie mich und meine Pferde näher kennenlernen möchte, dann lade ich Sie herzlich ein, den Blog auf meiner Website zu besuchen.
© Nicola Steiner, Beitragsbild: Katharina Erfling, www.pony-galopp.de 

Falls ihr einen Blick auf unser Gelände werfen möchtet, hier ist die Playlist:

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