Donnerstag, 26. Mai 2016

Dreiste Zuschauer vermiesen Janik den "Erfolg"

Wer in die EOA-Playlist schaut, der sieht bei den unteren Videos, dass auch ich gewaltige Probleme mit Fancy auf der Equitana vor zwei Jahren hatte - sie konnte damals einfach nicht stillstehen und ich hatte bei der Vorführung von Jutta Brinkhoff echt ein bißchen Angst, dass Fancy dem Hund auf die Füsse tritt. Von daher war ich völlig von den Socken, dass es Janik gelungen ist, ausgerechnet in der Westernhorsemanship eine Platzierung zu erlangen, denn Janiks erster Ritt des Tages war ganz ordentlich:




Ob Fancy dann irgendwann eine Art Pin in den Kopp kriegt oder ob sie vielmehr alles gibt, um sich wenigstens für eine Prüfung "am Riemen zu reißen", weiß ich nicht. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass Fancy in der Tat ihr Bestes gibt und glaube eher, dass sie es vielleicht zu sehr will und sich selbst derart unter Druck setzt, dass sie so angespannt ist. Sie gibt alles, aber davon zu viel und vor allem zu schnell. Was wir schon alles versucht haben, damit sie etwas ruhiger wird, könnt ihr bei den Projekten auf unserer Homepage nachlesen.
Nach der Equitana 2014 habe ich ja noch gedacht, Fancy muss sich erstmal an so eine Messeatmosphäre gewöhnen, wo einige Mitreiter 2014 auch gesagt haben: "Das machen wir nie wieder.", weil dort z.T. sogar Pferde scheuen, die sonst die Ruhe selbst sind. Nach dem Desaster auf der Pferd-Hund-Messe habe auch ich zu meinem Sohn gesagt, dass ich das Fancy nie wieder antue. Aber ihn hatte der Ehrgeiz gepackt und er hat damals gesagt: "Dann versuche ich es auf der Equitana Open Air eben selbst." Diesen Mut und diesen Ehrgeiz finde ich einfach toll, ganz besonders, weil Janik eine Muskelschwäche hat und er wahrscheinlich doppelt solange braucht, um sich Fertigkeiten jedweder Art anzueignen als andere (Anekdoten aus Janiks Kindheit und  die Geschichte von den Kindergartenkriegen könnt ihr hier nachlesen). Wenn man außerdem bedenkt, dass Fancy als wir sie bekommen haben, weder im Gelände ruhig hinter einem anderen Pferd hergehen konnte noch einen taktreinen Schritt auf unserem Reitplatz ging (eigentlich kannte sie nur zwei Gangarten: Trab und Galopp) und sogar meine Freundin mir den Rat gegeben hatte, sie zu verkaufen, weil sie viel zu nervös für ein Schulpferd sei, ist es eigentlich schon beachtlich wie gelassen sie jetzt den Job "Schulpferd" absolviert - sie hat schon Dutzenden von Anfängern das Reiten beigebracht. Somit hat Janik allen Grund zu sagen: "Nicht aufgeben." Denn mit Geduld und Spucke kann man wirklich alles erreichen und das hat er in der ersten Prüfung ja auch bewiesen (Video oberhalb).

Die Ranch Riding ging hingegen voll in die Hose. Ich stand beim Zuschauen in den Reihen der Stewards und der Jugendwartin am Eingang und fand es so nett, wie sie uns zugesprochen haben. Die "Doorwoman" hatte mir schon beim Abreiten so viele nette Tipps gegeben, z.B. dass ich Janik Chaps kaufe, weil das die Beinhaltung besser aussehen lässt und ob man mit einem schwarzen Hemd in der Horsemanship nicht mehr hermacht als mit einem kariertem und und und .... so gar nicht besserwisserisch, sondern richtig nett - auch durchsetzt mit Lob: "Aber sein Sitz hat sich wirklich schon sehr gebessert." Ich habe ihr nichts von Janiks Handicap erzählt, weil ich es toll finde, wie gut er sich bei den "normalen" Reitern schlägt und es war so nett, wie alle nach der Ranch Riding auf eine kurze nette Art ihr Bedauern ausgedrückt haben und die "Doorwoman" dann vorschlug, ob Janik sie mit Bit reiten könne, damit er sie vielleicht besser halten kann (ist Larissa jetzt auch nicht gelungen, aber das wussten wir Samstag ja noch nicht).




Was nach der Ranch Riding vorgefallen ist, ist umso unglaublicher. Da kommen doch tatsächlich zwei gepflegte Damen in mittlerem Alter zu uns und sagten: "Das war kein schöner Ritt." Ich war höchst irritiert und habe im Bemühen höflich zu bleiben gesagt: "Das muss man erstmal besser machen." Da erwidern die doch glatt: "Ja, das machen wir besser." worauf ich sagte: "Aber ganz sicher nicht mit so einem Pferd. Ich werde das aber jetzt nicht mit Ihnen besprechen und schon gar nicht rechtfertigen."

Da sagen die doch glatt: "Doch das würden wir aber jetzt gerne diskutieren.", was ich fassungslos abgelehnt habe, worauf die beiden im Weggehen noch aus der Entfernung riefen: "Ihr Pferd ist übrigens toll." Als ich das abends Larissa erzählt habe, da war sie richtig aufgebracht: "Was für eine Unverschämtheit. Da ist Janik schon nicht platziert, weil der Ritt nicht gut war und dann müssen die da auch noch nach treten. Denen hätte man aber mal so richtig die Meinung geigen sollen. So eine Frechheit." Finde ich zwar auch, aber eigentlich fand ich meine Reaktion ja ganz cool und gut gekontert, aber ich frage mich jetzt die ganze Zeit, was die denn jetzt soooo schlimm fanden, dass sie auch noch meinen, mich ansprechen zu müssen. Dass Fancy mal das Maul aufgerissen hat? Das hat unser Trainer uns schon mehrfach erklärt, dass Pferde nicht nur dann das Maul aufreißen, weil der Reiter so stark einwirkt, sondern das auch passieren kann, wenn das Pferd sich "fest macht". Da sollte man sinnigerweise den Druck so lange (nett und beharrlich) aufrecht erhalten, bis das Pferd weich wird (klappt zuhause ja auch binnen Sekunden). Man muss den Pferden halt auch erstmal beibringen, auf Druck nachzugeben.
Tja und dann hätte ich ja gerne gewusst, was die Damen meinen, wenn sie sagen, sie könnten es besser: Tingeln die mit Halsring und ohne Gebiss im Gelände rum und halten sich deswegen für die Gut-Menschen schlechthin oder sind es Englisch-Reiterinnen, die ihren Pferden das Maul mit Sperrriemen so zuschnüren, dass es das Maul gar nicht aufmachen kann? Oder glauben die eine Messe wäre mit einem normalen Turnier zu vergleichen? Das werde ich wohl nie erfahren, aber ich bin froh, dass ich meinem Sohn weitere Diskussionen erspart habe.
Eigentlich war es ja auch nur ein klitzekleiner Fehler: Die Zügel waren etwas zu lang - das passiert dann, wenn das Pferd beim Abreiten noch entspannt in Dehnungshaltung läuft und wenn es dann in der Prüfung den Kopf hoch nimmt, dann sind die Zügel plötzlich zu lang und man braucht lange Wege, um doch noch irgendwie einwirken zu können, und da sind Paraden halt viel sichtbarer als am kurzen Zügel, weil die Bewegung statt 1 cm gleich 10 cm benötigt, um Kontakt zum Pferdemaul zu bekommen. In solchen Momenten fällt Janik vor Schreck manchmal dann auch noch nach vorne - passiert mir auch schonmal. Das habe ich Janik, aber erstmal nicht gesagt (erst als wir zuhause waren), denn er hatte derweil seinen Kopf in Fancys Mähne vergraben und wollte die Reining gar nicht mehr reiten. Gut, dass wir mit Alina und Katja so nette "TTs" (Turniertrottel) dabei hatten, die sofort ankamen und ebenso erbost waren wie wir und sagten: "Das war aber 1000 x besser als manche andere Ritte - ein Pferd hat sogar gerade gebockt während der Prüfung." Klar gibt es auch nicht wenige Vertreter ihrer Art, die wie Lucky brav auch auf Messen ihren Job machen. Aber soll es wirklich so werden, dass nur noch perfekte Reiter auf Turnieren reiten dürfen und jeder der auch mal einen "unschönen" Ritt hat, weil er im Eifer des Gefechts vergisst, die Zügel nachzufassen, der darf dann eben keine Turniere mehr reiten, damit das Heile-Welt-Bild von zwei gepflegten Damen nicht erschüttert wird??? Ich bin nach wie vor fassungslos und freue mich so sehr über all die, die mit mir zusammen die Daumen für Janik gedrückt haben. Ein Mädchen hat mich sogar nach dem Ritt angesprochen und gesagt: "Die war ja auch bei Caros Kurs schon an, macht der doch ganz gut." Und dann ist Janik auch noch die Reining geritten, auch die nicht perfekt (aber wo sieht man im Leben schon mal etwas Perfektes?), aber ich war stolz wie Oskar, auch wenn Janik am Ende Pech hatte....

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... oder einfach ein bißchen unkonzentriert war - das wäre ich nach so einer frechen "Ansage" von diesen beiden Besserwisser-Tussis auch gewesen: Das Beurteilen der Ritte sollte zumindest auf dem Turnier Aufgabe des Richters sein und der war uns eigentlich wohl gesonnen. Wir standen im Pavillon hinter dem Richter, denn unterm Pavillon war es trocken. Als Larissa Fancy am Folgetag in der vierten Prüfung geritten ist, dachte ich: "Jetzt hat sie den Bogen raus." und habe zu unseren Sonntag-TTs Marlen und Nadine während der Ranch Riding gesagt: "Noch fünf von solchen Ritten, dann hatte sie es." Das hat der Richter anscheinend gehört, dreht sich um und lacht: Das tut wirklich gut, wenn wenigstens die Menschen mit Ahnung die reiterliche Leistung anerkennen,wenn auch nur mit einem Lächeln, denn gerichtet hat er wirklich fair und ohne Mitleids-Bonus:

Der Steward, der uns in Rhede gebeten hatte, beim Verladen zu helfen, war auch am Eingang der Arena und nach Janiks Ritt hat er zu Janik gesagt, er solle dem Richter noch schnell das Gebiss zeigen, damit er nicht disqualifiziert wird. Janik sagte, er habe das gewollt, aber der Richter hätte ihn weiter gewunken. Darauf der Steward: "Du hattest mehr als vier Schritte rückwärts, das ist eigentlich ein Nullscore, aber vielleicht drückt der Richter bei den Jugendlichen ein Auge zu." Ein Mädchen, das ebenfalls da stand, ist sogar noch zum Richter hin und kam dann zurück und sagte, dass das mit dem Gebiss in Ordnung sei. War es so gesehen auch: Janik wurde nicht disqualifiziert, sondern er hatte einen Nullscore ... wegen dieser mehr als vier Tritte rückwärts. Finde ich absolut korrekt, wie der Richter entschieden hat, denn wer will schon geschenkte Schleifen oder Leistungspunkte - das hat Janik nicht nötig, aber süß wie ihm (fast) alle die Daumen gedrückt haben. Larissas Freundin sagte abends, sie könne sich vorstellen, dass das mit den beiden Damen eine Retourkutsche dafür sein könnte, dass ich ja diese Gruppe "Die Pferdeprofis an der Bande" adminiere (siehe auch Themenmonat im Partnerblog), aber da muss ich am Ende des Beitrag mal ein paar Dinge klar stellen, aber vorher fand ich es ja noch witzig, weil ich aufgrund eingebildeter telepathischer Verbindungen zu Fancy (hier nachzulesen) immer "Whoa" und "Easy" an den richtigen Stellen brülle und mir die nette Doorwoman sagte: "Ja, ja - die Pferdeprofis an der Bande" - darauf ich: "Ich red mit dem Pferd". So, aber jetzt ... Klarstellen:
  1. Ich setzte keine Standards in der Pferdeausbildung - eine TV-Sendung macht das aber auch dann, wenn es gar nicht die Intention der Sendung ist.
  2. Ich habe nie behauptet, es ist ein guter Ritt und auch Janik nicht. Wir wissen selbst, dass es in die Hose gegangen ist
  3. Wenn irgendwer meint, dass ein vermurkster Ritt meines Sohnes einen Blogeintrag wert wäre, dann darf er da gerne drüber schreiben (solange er bei der Wahrheit bleibt und nicht beleidigt, denn das wäre strafrechtlich relevant - sogar bei den VOX-Pferdeprofis) und würde jemand einen Blogeintrag darüber schreiben wollen, dass ein junger Mann, der in seiner Kindheit an einer Muskelschwäche und leichten Koordinationsproblemen litt, auf einem Turnier zwei von drei Ritten in den Sand gesetzt hat, dann würde er von mir die passende Stellungnahme bekommen - z.B. diese hier ... die ist ja auch schon fertig, würde ich dann einfach als Kommentar darunter posten - NACH DEM TURNIER. (By the way: Die VOX-Pferdeprofis haben zu ihren Methoden meines Wissens noch nie Stellung genommen oder erklärt warum man das so und so macht - siehe oben - Maul aufsperren: Das Pferd muss langfristig lernen, weich zu werden)
  4. Wenn ich auf einer Messe Bernd Hackl oder Sandra Schneider sehe, gehe ich jedenfalls nicht hin und spreche die an: "Das war jetzt aber keine schöne Vorführung." 
Man darf Kritik äußern, ja soll es sogar in einer Demokratie, aber wildfremden Leuten ein Gespräch aufzuzwingen, dass ist zwar nicht strafbar, aber doch arg unhöflich. Bei einem jugendlichen Reiter derart nachzutreten, der eh schon enttäuscht ist, weil er nicht platziert ist, obwohl das Pferd das zuhause so schön gemacht hat und er so intensiv mit seiner Schwester und seinem Trainer geübt hat, auch noch einen reinzuwürgen, dass ist einfach nur taktlos - passt irgendwie gar nicht zu dem gepflegten Erscheinungsbild der beiden Damen. Wie sagt man so schön: Außen hui, ....

Mir bricht das in solchen Fällen regelrecht das mütterliche Herz und ich habe dann zu Janik gesagt: "Wenn Du möchtest, kannst du nächstes Jahr Queenie auf Turnieren reiten, die ist viel cooler und gelassener als Fancy." und was hat Janik gesagt? "ICH MÖCHTE ES ABER MIT FANCY MACHEN" .... und das ist so ein Moment, wo ich richtig stolz auf meinen Sohn bin, denn auch wenn er etwas langsamer lernt und nicht so gut reitet wie meine Tochter: Er ist ein Mensch mit Charakter und mit Herz und gäbe es da eine Platzierung, dann wäre er Allaroundchampion.

Während ich das so schreibe, fällt mir eine Szene aus dem Pferdeflüsterer ein, wo Robert Redford gefragt wurde, warum er seine Ex-Frau geliebt hat und ihm ging es ähnlich wie uns bei Fancy:

"Ich liebte sie einfach !!!"





In der letzten Saison ist Janik ausschließlich Trail geritten. Zu Beginn der Saison war es ähnlich knifflig wie hier beschrieben, aber am Ende waren die beiden ein tolles Team:


In diesem Sinne auch noch zwei Videos von zuhause - ohne Kopfstück übrigens. Dann sollte es doch auch irgendwann mal auf Turnieren auch mit Kopfstück klappen:






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